Stellen Sie sich einmal folgende Momente vor:
Ein lauer Sommerabend. Sie sitzen mit Freunden draussen, das leise Knistern eines Feuers, Stimmen und Lachen im Hintergrund, der Duft von Grilliertem in der Luft.
Ein früher Morgen. Barfuss gehen Sie durchs noch vom Tau feuchte Gras, Vögel zwitschern munter und die ersten Sonnenstrahlen erwärmen Ihr Gesicht.
Oder Sie spazieren über einen vertrauten Weg – und plötzlich liegt dieser süsse, honigartige Duft in der Luft, ganz unverkennbar: die Lindenblüte ist aufgegangen, und für einen Moment scheint der ganze Sommer darin zu liegen.
So schön, wenn uns diese kleinen, spontanen Glücksmomente immer wieder spüren lassen, wie wenig es eigentlich braucht, um sich erfüllt zu fühlen. Und vielleicht ist gerade der Sommer – mit seiner Fülle und Aktivität im Aussen – eine tolle Gelegenheit, um einmal wieder einen Moment innezuhalten und sich zu fragen: Was wünsche ich mir eigentlich gerade? Und warum?
Wünsche sind durchaus wertvoll. Sie verleihen Träumen Form, geben unserem Leben Richtung und bringen uns in die Umsetzung. Und doch bergen sie immer auch eine feine Spannung in sich. Denn meist versprechen sie uns ein zukünftiges Glück – und verwandeln dabei die Gegenwart in ein «Ungenügend».
Der indische Denker Naval Ravikant hat das einmal so beschrieben:
„Desire is a contract you make with yourself to be unhappy until you get what you want.“ (Ein Wunsch ist ein Vertrag, den du mit dir selbst abschliesst, um unglücklich zu sein – solange, bis du bekommst, was du willst.)
Wenn wir uns das bewusst machen, erkennen wir, wie viele solcher inneren Verträge wir im Alltag «unterschrieben» haben. Und oft sind es nicht mal unsere eigenen, sondern wurden uns von der Werbeindustrie, dem Umfeld, usw. untergeschoben.
Ich bin erst zufrieden, wenn … ich mehr Zeit für die richtige Morgenroutine finde, wenn ich schöner, fitter, im Job erfolgreicher bin, … wenn sich etwas verändert.
Und mit jedem weiteren Wunsch rückt das Gefühl von Zufriedenheit ein Stück weiter weg.
Der Philosoph Alan Watts sprach in diesem Zusammenhang auch vom „Backwards Law“: Je mehr wir einem positiven Gefühl nachjagen, desto mehr erleben wir, dass es uns fehlt. Je mehr wir akzeptieren, was ist, desto näher kommen wir einer echten Zufriedenheit.
Naval Ravikant schreibt weiter, dass es deshalb hilfreich für unser Glück sei, nicht tausende Wünsche zu pflegen, sondern dass wir es einmal damit probieren können, einen zentralen Wunsch für unser Leben auszuwählen, diesen in unsere Lebensmitte zu rücken und alle anderen Wünsche loszulassen.
In dieser Erkenntnis liegt mehr Kraft, als man vorerst denken mag. Nicht immer mehr wollen, sondern weniger müssen. Sich nicht an jeden Wunsch binden lassen – sondern hin und wieder Wünsche freundlich loslassen – nicht aus Resignation, sondern aus Einsicht, Freiheit und Selbstbestimmtheit.
Vielleicht gibt es in den Sommerferien ja die Gelegenheit, sich einmal mit einem Notizbuch zurückzuziehen, den einen zentralen Wunsch Ihres Lebens aufzuschreiben und viele andere durchzustreichen. Damit das heute von seinen vielen «Ungenügend» befreit wird und wir all die Glücksmomente wieder offen geniessen können, die in diesem Sommer auf uns warten. Wie Alan Watts sagte «je mehr wir akzeptieren können, was ist, desto näher kommen wir einer echten Zufriedenheit.»
Wir wünschen Ihnen einen glücklichen, erfüllten Juli
Herzlichst Ihr gesund.ch-Team
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